Stangen

Stangen
Da sind sie zu sehen. Die zwei Bügel, die man im Laufe der Operation quer durch seinen Brustkorb bekommt.

Fragen, die Zweite!

Immer wieder kontaktieren mich Betroffene und erfragen meine Erfahrungen mit der Operation. Gerade in den letzten Tagen führte ich mit einem "Kurz-vor-der-Operation" stehenden öfters Dialoge über ICQ & Co.

In derartigen Gesprächen erinnere ich mich immer wieder an meine Operation. Es ist erstaunlich, ich bin geradezu über mich selbst verwundert, wie sehr das Gehirn diese Erinnerungen im Alltag ausblendet. Was ich damit sagen will: Die Tatsache, dass ich seit 4 Jahren keine Trichterbrust mehr habe, nehme ich inzwischen als völlig selbstverständlich hin. Nur noch selten erinnere ich mich an die Operation, nur noch selten erinnere ich mich an die Zeit vor der Operation. Es war jene Zeit, in der ich mich auf die Operation vorbereitete, die Zeit, in der ich glaubte mit Trichterbrust kein glückliches, erfülltes Leben zu führen. Es waren die Zeiten, in denen für mich die Sommermonate die Schlimmsten des Jahres waren, weil ich ständig das Gefühl hatte etwas verbergen zu müssen - mich nicht traute oberkörperfrei ins Schwimmbad zu gehen bzw. wenn ich es einmal tat mich sehr unwohl dabei fühlte.

Rückblickend kann ich sagen, dass für mich eine Operation der einzige Weg war - auch aus gesundheitlichen Gründen. Ich erinnere mich noch genau daran wie "schlimm ich das Leben empfand" - letztlich kann ich aber bis heute nicht wirklich sagen "warum". Warum richtete ich mein "Glück", meine ""Zufriedenheit" nach der Trichterbrust aus?

Manchmal glaube ich (auch wenn ich dies nicht ganz sicher sagen kann), dass "ICH" mit der Trichterbrust eigentlich hätte leben können. Mir machte dieses "Loch" nichts aus - ich schämte mich schließlich nicht vor mir selbst. Nein, ich schämte mich vor anderen, ich schämte mich vor der Gesellschaft, vor den Schönheitsidealen die diese prägten und die uns täglich suggeriert wird. Ich will damit nicht sagen, dass die Gesellschaft an meinem Leiden "schuld" war - dies wäre nicht gerecht (denn schließlich ist diese auch nur ein Opfer) - dennoch will ich sagen, dass dort das zentrale Motiv meiner Unzufriedenheit mit der Trichterbrust lag - nicht bei mir selbst!

Hätte ich ein autarkes Leben auf einer einsamen Insel à la Tom Hanks "Cast away" geführt hätte ich mich dort, abgesehen von dem Umstand, dass ein einsames Leben ohne andere Menschen sehr langweilig wäre und demnach eh keine Ärzte zum operieren zur Verfügung stünden, niemals operieren lassen.

Und wieder merke ich, wie glücklich ich darüber bin keine Trichterbrust mehr zu haben. Was wenn ich niemals die Chance gehabt hätte ... ich kann es mir gar nicht vorstellen!